Jede Firma lebt viele verschiedene Prozesse. Das heisst nicht, dass jede Firma jeden Prozess definiert hat. Aber jede Aufgabe (wie «Bestellung abwickeln» oder «Ticket lösen») wird in hoffentlich ähnlichen Arbeitsabfolgen abgearbeitet. Nun könnte es egal sein, wie effizient oder unterschiedlich diese Prozesse von Tag zu Tag erledigt werden. Gerade aber bei wichtigen Prozessen liegt die Anforderung nahe, mit möglichst geringem Aufwand bei gleichzeitig hoher Kundenzufriedenheit das Ziel zu erreichen. Oft sind gerade solche Prozesse auch durch Informatik-Mittel unterstützt. Womit sie die perfekten Grundlagen haben, um mittels Process Mining analysiert zu werden.
Bei Process Mining geht es darum in Erfahrung zu bringen, wie ein Prozess gelebt wird. Hierfür benötigt es keine bestehende Prozess-Definition. Es hilft aber, wenn eine Vorstellung existiert, wie ein Prozess ablaufen sollte. Process Mining ordnet sich irgendwo zwischen Data Mining und Machine Learning auf der einen Seite und Prozess-Analyse und Prozess-Modellierung auf der anderen Seite ein.
Wie funktioniert dieses ‘Process Mining’?
Einfach gesagt: Process Mining extrahiert aufgezeichnete Daten von Prozessdurchläufen und modelliert daraus ein Prozessmodell. Somit funktioniert dies mit jedem Prozess, der in irgendeiner Art und Weise die Prozess-Schritte in ein Log resp. in eine Datenbank schreibt.
In solch einer Datenbank steht, wann was pro Fall gemacht wurde. Ein Ticket-System könnte eine solche Datenbank sein. Auch ein ERP-System liefert hier entsprechende Daten. Sollte ein Prozess sich über mehrere Anwendungen hinweg ziehen, müssten die Daten vor der Analyse entsprechend zusammengeführt werden.
Datenquelle
Die Tabelle muss keine spezifischen Spaltennamen haben. Es müssen im Minimum nur 3 Spalten existieren:
- Eine Case-ID bzw. ein Merkmal anhand welchem die unterschiedlichen Prozessdurchläufe unterscheidbar sind. Das kann beispielsweise eine Ticketnummer oder eine Bestellnummer sein
- Ein Zeitstempel erlaubt dem Algorithmus später die chronologische Abfolge der Schritte auszulesen.
- Die Aktivität wird ebenfalls vom Algorithmus verwendet, um über alle Fälle hinweg den Prozess zu eruieren. Sie stellt eine einzelne Aufgabe oder Prozess-Schritt dar.
Nun ist es gut möglich, dass die Datenablage noch weitere Daten enthält. Diese sind allenfalls ebenfalls interessant für die spätere Analyse. Ein Beispiel wäre, welcher Mitarbeiter eine Aktivität erledigt hat.
Das Bild zeigt eine kleine Tabelle, welche die Kriterien erfüllt. Es braucht auch keine zig-tausend Datensätze, um ein Process Mining durchführen zu können. Bereits mit diesen 5 Bestellprozess-Durchläufen kann eine Prozessmodell erstellt werden.
Die Modellierung
Jetzt kommt der angesprochene Algorithmus zum Zuge. Zuerst wird nach dem Zeitstempel sortiert, danach arbeitet der Algorithmus einen Fall nach dem anderen durch. Und so bildet sich nach und nach ein Modell des gelebten Prozesses. Dies wird nicht immer so einfach aussehen, wie im nachfolgenden Bild. Basis für das Prozessmodell ist die Tabelle von oben.
Der Prozess lief offensichtlich nicht in jedem Fall in der Reihenfolge A > B > C > D durch. Die Zahlen zeigen an, wie oft ein Pfeil oder eine Aktivität durchlaufen wurde. Auch hier gibt es eine Auffälligkeit, was die Aktivität B angeht.
Nebst dieser trivialen Darstellung kann nun mit den Zeitstempeln noch weiter gegangen werden und analysiert werden, wie lange die einzelnen Schritte gedauert haben, welche Ressourcen dabei am stärksten belastet waren, usw. Das Beispiel oben soll nur die prinzipielle Funktionsweise verdeutlichen.
Process Mining Anwendungsmöglichkeiten…
Bei Prozess Mining wird zwischen drei verschiedenen Typen unterschieden:
- Discovery: Dieser erste Fall entspricht dem Ablauf wie oben beschrieben. Man hat noch keine Ahnung wie der gelebte Prozess wirklich aussieht. Ziel ist es einen Überblick über den wahren Prozess zu bekommen: Wie läuft der Prozess ab? Wo im Prozess gibt es einen Flaschenhalt? Gibt es unnötige Aktivitäten im Prozess? usw.
- Conformance: Es soll ein Abgleich mit einem bestehenden Prozessmodell durchgeführt werden. Wird der Prozess noch so gelebt, wie er definiert war? Wie hat sich der Prozess nach einer Reorganisation verändert? Wie hat sich der Prozess seit dem letzten Audit verändert?
- Enhancement: Hier soll nicht nur die Konformität überprüft werden, sondern man will das Anpassungspotential finden. Es gibt Gründe, warum Prozesse anders gelebt werden als sie definiert sind. Sonderfälle oder eine sich zwischenzeitlich veränderte Ausgangslage wären Gründe. Wo und wie kann der Prozess nun angepasst werden?
Heute wird Process Mining meistens dann eingesetzt, wenn man eine Antwort braucht. Beispielsweise: Warum konnten die SLA-Vorgaben nicht eingehalten werden? Interessant sind aber gerade auch die Übereinstimmungsprüfungen: Welchen Einfluss hatte eine Organisationsänderungen? Hat das neue Ticketsystem den Support-Prozess nun verbessert? Usw.
…auch bei Ihnen
Leben die Support-Mitarbeiter den vorgegebenen Prozess? Werden die Kundenbestellungen effizient abgewickelt, oder gibt es einen unbekannten Flaschenhals im Prozess? Welche personellen Ressourcen sind permanent überlastet? Werden allenfalls Abkürzungen im Prozess genommen, oder unnötige Umwege?
Gerade ein Ticketsystem ist ein Paradebeispiel für solch eine Analyse. Es ist ein einfaches System und es gibt viele Kunden (intern oder extern), welche an einer effizienten Abwicklung eines Anliegens interessiert sind. Da ein Berechtigungsantrag anders bearbeitet wird, als eine Fehlermeldung an einem System würde man die Tickets vorgängig in verschiedene Typen gruppieren. Anschliessend lässt sich ein tiefer Einblick in die Prozesse gewinnen.
Wir sind fasziniert von Process Mining. Das Potential, das eine solche Analyse an den Tag bringen kann und die damit verbundenen Optimierungen können einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen. Sollten wir damit Ihr Interesse geweckt haben, erzählen wir Ihnen gerne mehr darüber.